Candido Portinari
107 - Der Kaffeeplantagenarbeiter
Candido Portinari stammt aus einer Grossfamilie italienischer Einwanderer und wächst auf einer Kaffeeplantage auf, wo seine Familie arbeitet. Diese Herkunft prägt ihn: Er ist der Maler des volkstümlichen Brasilien und wird zum Porträtmaler der einfachen afro-brasilianischen Bevölkerung, der Immigranten und der «Mestizen». Der Begriff «Mestize» umfasste in dieser Zeit alle Menschen multiethnischer Herkunft ohne Wertung. Erst später erhält der Begriff diskriminierende und abwertende Konnotationen, so dass seine Verwendung heute vermieden wird.
1934 malt Portinari das Bild «Der Kaffeeplantagenarbeiter» in weitgehend akademischer Tradition. In einfacher Kleidung steht ein Schwarzer Mann auf einem Feld und hält eine Hacke in der Hand. Seine Unterarme, Hände und Füsse sind übergross dargestellt. Sie sind Sinnbild seiner schweren körperlichen Arbeit. Der Mann scheint sich für einen Moment auszuruhen, sein Blick geht nach links in die Ferne. Unter ihm sieht man den bearbeiteten Boden, den Stumpf eines gefällten Baumes und dahinter eine weite Landschaft mit Hügeln und enormen Plantagen. Ein Dampfzug durchquert die Landschaft.
Noch in den 1930er Jahren war Kaffee das wichtigste Exportprodukt Brasiliens. Der Zug in Portinaris Bild ist nicht nur ein Symbol der modernen Technik und Mobilität, er steht auch für den Transport der Kaffeebohnen zu den Häfen des Landes. 1888 wurde in Brasilien die Sklaverei abgeschafft. Dennoch arbeiten ehemals versklavte Menschen und Immigranten noch lange auf den Plantagen. Der Kaffeearbeiter in Portinaris Werk scheint über diese Rolle nachzudenken.
Portinari meinte einmal über die Rolle von Kunstschaffenden in der Gesellschaft:
«Unsere Künstler müssen ihren Elfenbeinturm verlassen und ein starkes soziales Handeln an den Tag legen, sich in den Dienst der Bildung des brasilianischen Volkes stellen.»