Lasar Segall
106 - Bananenplantage
Der 1889 im heutigen Litauen geborene Lasar Segall zieht 1923 nach Brasilien, um dem «verbrauchten» Europa, wie er es nennt, zu entfliehen. 1927 entsteht mit «Bananenplantage» eines der wichtigsten Werke der brasilianischen Moderne. Dass es von einem Europäer geschaffen wird, macht es umso interessanter. Und es ist ein Zeugnis für Brasilien als Einwandererland.
Segall zeigt in kantigen Formen den Hals und den bärtigen Kopf eines afro-brasilianischen Mannes. Seine Haut ist in einem Lilaton gehalten. Das Gesicht des Mannes beruht auf Zeichnungen, die Segall 1925 von einem ehemaligen Sklaven macht. Die Figur ist aber vor allem ein Symbol des seiner Heimat entrissenen afrikanischen Sklaven, der nun gezwungen ist, fremden Boden zu bewirtschaften. Die Formen des Gesichts erinnern absichtlich an afrikanische Masken und damit an die Herkunft des ehemaligen Sklaven.
Segall malt den Mann umgeben von üppigen Bananenblättern und Bananenstauden in Grün- und Blautönen. Die Formen sind geometrisch-reduziert und alle Blätter sind in verschieden farbige Segmente unterteilt. Dadurch entsteht eine vielfältige Struktur, die das dschungelartige Dickicht der Bananenplantage erfahrbar macht.
Segall nimmt mit dieser stilisierten Bildsprache Tendenzen der europäischen Moderne auf, insbesondere des Kubismus. Gekonnt verbindet er diese Bildsprache mit sozialen Themen Brasiliens, der Geschichte der Sklaverei, des Kolonialismus und der Plantagen. Gleichzeitig führt er seine persönliche Auseinandersetzung mit Themen des Fremden und Andersseins fort.
Das Werk wird 1928 von der Pinacoteca do Estado in São Paulo angekauft. Damit ist es das erste modernistische Werk, das in eine öffentliche Sammlung in Brasilien gelangt.