Rubem Valentim
112 - Emblematisches Sakralaltarset
Dieses Objekt von Rubem Valentim besteht aus drei Teilen: Den «Sockel» bildet ein streng geometrisch-rechtwinkliges Kreuz, das auf allen vier Seiten drei Mal eingeschnitten ist; darauf steht ein Brett, auf dem ein flächiges Symbol angebracht ist; den Abschluss bildet wiederum ein Brett, das an der Spitze die drei Einschnitte des untersten Teils aufgreift und selbst zum Symbol wird. Die Dreizahl nimmt Valentim auch im Symbol auf dem Brett in der Mitte auf, dessen oberer Teil den Einschnitten im Sockel entspricht. Valentim bezeichnet das 1980 entstandene Objekt als «emblematischen Sakralaltar»!
Der Künstler stammt als einer der wenigen Kunstschaffenden der brasilianischen Moderne aus einer afro-brasilianischen Familie. Die schwarze und indigene Bevölkerung mit ihren Kulturen fand als Motiv Eingang in die Kunst der brasilianischen Moderne – dies aber vor allem aus einem weissen Blick. Sie waren nur am Rande auch Protagonisten der Moderne. Valentims Familie war aus einfachen Verhältnissen in Salvador de Bahia. Dorthin gelangten über vier Jahrhunderte Millionen von versklavten Menschen afrikanischer Volksgruppen. In keiner anderen Region Brasiliens vermischten sich deren Kulturen, Sprachen und Religionen mit jenen der Indigenen und Portugiesen wie hier. Valentims Familie ist katholisch, besucht aber auch Candomblé-Zeremonien.
Ende der 1960er Jahre zieht Rubem Valentim nach einem mehrjährigen Aufenthalt in Europa nach Brasilia. Dort beginnt er, dreidimensionale Objekte zu machen, die sich in den Formelementen auf seine früheren Malereien beziehen. Bestimmte Formen wie die Verwendung der Dreizahl könnten sich auf Gottheiten des Candomblé und ihre Attribute beziehen: etwa auf den Gott Exu mit einem Dreizack. Diese Attribute verwandelt Valentim aber in abstrakt-geometrische Formen. Sie stehen damit eigenständig zwischen der geometrisch-regelhaften Sprache der Konkreten Kunst und der symbolisch-animistischen des Candomblé. Oft bezeichnet er sich selbst als «Künstler-Priester» und die Objekte als «Altäre», wie das hier ausgestellte Werk aus Holz.