Le Corbusier
106 - Konferenzzeichnung [le navire – le palais – le paquebot – le gratte-ciel], 1929
Kohle auf Papier, 102 x 71 cm
Fondation Le Corbusier, Paris

Im Schaffen von Le Corbusier gibt es unterschiedliche Arten von Zeichnungen: Skizzen, die als Erinnerung an Gesehenes und als Inspiration dienen; Studien, in denen Projekte vorbereitet werden; Entwurfszeichnungen, die publiziert werden und für Kunden entstehen. Schliesslich gibt es noch die Zeichnungen, die er während seiner Vorträge macht. Le Corbusier ist ein gewandter Redner und Vermittler seiner Projekte und Ideen. Während Vorträgen zeichnet er immer wieder in Echtzeit, um Gesagtes zu veranschaulichen.
1929 reist Le Corbusier erstmals nach Südamerika und besucht Argentinien und Brasilien. Auf Einladung der Vereinigung der Kunstfreunde hält er in Buenos Aires eine Reihe von zehn Vorträgen zu Architektur und Gesellschaft sowie Urbanismus. Dabei bezieht Le Corbusier auch die grossen Verkehrsprobleme der Städte wie Buenos Aires ein.
Dieses Blatt zeichnet Le Corbusier während eines Vortrags mit Kohle auf Papier. Ein Schiff, das Palais de la Concorde in Paris, ein Passagierdampfer, eine Ansicht des Palais de la Société des Nations und ein Wolkenkratzer auf künstlichem Hügel – sie alle finden sich hier gemeinsam wieder. Le Corbusier meint einmal:
«Ein Haus wie ein Auto, entworfen und durchkonstruiert wie ein Omnibus oder eine Schiffskabine.»
Durch sein breites Wissen, sein Studium der Vergangenheit, seine Reisen und seine stete geduldige Recherche gelingt es Le Corbusier, unterschiedlichste Dinge miteinander in Verbindung zu setzen. Der Passagierdampfer ist höchst funktional durchdacht, die Kabinen sind reduziert, einfach wie Klosterzellen und auch so angeordnet. Ein Passagierdampfer ist zudem eine Meisterleistung der Ingenieurskunst, die eine neue Lösung für ein altes Problem liefert, nämlich möglichst viele Menschen auf engem Raum zu transportieren. Genau so, müsste auch Architektur funktionieren: Ohne Blick auf einen Stil eine vollkommen neue Lösung für ein Problem entwickeln.