Le Corbusier
107 - Die rote Schale, 1919
Öl auf Leinwand, 85 x 69 x 7 cm
Fondation Le Corbusier, Paris

1917 – noch während des Ersten Weltkriegs – wählt Le Corbusier Paris zu seinem neuen Lebensmittelpunkt. Dort begegnet er dem Maler Amédée Ozenfant. Mit ihm wird er rund acht Jahre eng zusammenarbeiten und die Idee des «Purismus» ausarbeiten. Gleichzeitig entscheidet sich Le Corbusier, nun als professioneller Künstler zu arbeiten. Bereits 1918 stellen er und Ozenfant erste Werke aus. Gemeinsam geben sie die Zeitschrift «L’Esprit Nouveau» heraus. Darin werden sie ihre Theorie des Purismus festhalten und verbreiten.
Das Gemälde «Die rote Schale» zeigt den Beginn des puristischen Stils von Le Corbusier. Es ist eine strenge, geradezu karge Ansammlung von Objekten. Wenige Gegenstände sind exakt geordnet auf einer Tischplatte platziert. Sie sind an einem klaren, geometrischen Raster ausgerichtet: rechter Winkel, Gerade und Diagonale beherrschen die Ordnung. Eine Schreibunterlage liegt exakt waagrecht auf dem Tisch. Darauf liegt in die Diagonale verschoben ein zusammengerolltes Blatt. Eine dünne Pfeife schmiegt sich an dieses Blatt. Daneben ist ein Würfel abgestellt, der exakt an der Kante des Tisches ausgerichtet ist. Auf ihm ruht, etwas gewagt an die Würfelkante gerückt, die Titelgebende Schale.
Im Gegensatz zu späteren puristischen Werken sind die Gegenstände sachlich-reduziert, aber in ihrer Plastizität dargestellt. Die Malweise hat etwas Altmeisterliches in ihrer Präzision. Die Gegenstände zeigen ihr Volumen, die Schatten sind korrekt und die unterschiedliche Materialität ist sichtbar.
Die Platzierung der Schale, die Ausrichtung des aufgerollten Blattes und der Pfeife bringen Spannung, stören jedoch nicht die Harmonie und die enorme Stille des Bildes. 1921 halten Le Corbusier und Ozenfant fest:
«[…] in einem wirklich dauerhaften plastischen Werk zählt in erster Linie die Form und alles muss sich ihr unterordnen. Alles muss dazu beitragen, die architektonische Tatsache zu etablieren. Die Malerei ist eine Sache der Architektur, die daher ihre Mittel im Volumen findet […]»