Le Corbusier
110 - Stillleben mit Siphonflasche, 1928
Öl auf Leinwand, 134 x 115 x 7 cm
Fondation Le Corbusier, Paris

1925 endet Le Corbusiers puristische Phase. Er und Amédée Ozenfant gehen getrennte Wege. Mit Blick auf das Schaffen von Fernand Léger, aber auch von Pablo Picasso oder Juan Gris löst sich Le Corbusier von den selbst auferlegten Regeln des Purismus. Seine Werke werden nun bunter, noch flächiger und vor allem freier. Gleichzeitig interessiert er sich weiterhin für Stillleben, in denen zum Teil wieder dieselben Gegenstände auftauchen – seine Typenobjekte. Neue Formen und Objekte treten hinzu, in diesem Werk beispielsweise ein Handschuh auf der rechten Bildseite. In zahlreichen Skizzen und Studien entwickelt Le Corbusier die Gegenstände, die Anordnung und die gesamte Komposition. In ersten Skizzen sind noch eine Siphonflasche, ein Glas, ein Marmeladenglas und eine rechteckige Fruchtschale mit abgerundeten Ecken zu sehen. Bei jeder weiteren Skizze verändern sich die Objekte so, dass schlussendlich diese collageartige Komposition entsteht.
Im Gegensatz zu den früheren Typenobjekten verlieren die Gegenstände jetzt ihre klare, industrielle Form. Die titelgebende Siphonflasche ist deutlich zu sehen: Im oberen Teil malt Le Corbusier den Mechanismus der Siphonflasche detailliert, jedoch nicht in der streng-geometrischen Weise wie zuvor; Schattierungen lassen den Flaschenhals andeutungsweise plastisch erscheinen; der untere Teil ist im Gegensatz dazu nur noch schematisch gemalt; eine schmale Linie bildet den Umriss des Siphonkörpers; die blaue Fläche kann als Inhalt des Siphons gesehen werden, sie füllt die Form jedoch nicht aus. Die klare zylindrische Form weicht einer freien Formgebung.
Auffallend ist insbesondere, wie Le Corbusier die Darstellungsweise variiert und unterschiedliche Formen und Gegenstände zeigt. Teils sind die Objekte als monochrome Farbflächen gemalt; teils mit Schattierungen und Farbverläufen als Volumen dargestellt; teils nur schematisch angedeutet. Organische Formen wechseln mit mechanisch-technischen Objekten: vom Handschuh bis zum Mechanismus des Siphons.