Le Corbusier
117 - Ubu, 1947
Erle, 91.5 x 49 x 47 cm
Fondation Le Corbusier, Paris

«Ubu» nennt Le Corbusier diese Holzskulptur von 1947. Wie ein eigenartiger Strauss aus geschnitzten Formen mutet diese Skulptur an. Die unterschiedlichen Formen erinnern an Flügel oder Ohrmuscheln, Tragflächen von Flugzeugen oder Schuhsohlen, an Wellen oder an eine ausgestreckte Zunge. Es sind abstrakte Formen mit grosser Dynamik: Bewegungen ziehen sich von unten nach oben, werden in Wellen weitergetragen und in Bögen beruhigt.
1940 ist Paris besetzt durch die nationalsozialistische Armee. Le Corbusier begibt sich zunächst in die Pyrenäen nach Ozon, später zieht er weiter nach Vichy. Sie finden weitere Informationen zu Le Corbusiers Verhältnis zum Vichy-Regime in den Ausstellungstexten.
In dieser Zeit entstehen zahlreiche Studien und Skizzen auf der Grundlage von Objekten aus seiner Sammlung: Schwemmholz, Wurzeln, Kiesel oder Knochen. Schritt für Schritt entwickelt Le Corbusier derartige Objekte in Studien zu eigenständigen, abstrakten Formen weiter. Er erwähnt:
«Mit Steinen und Holzstücken, die ich zu einer Komposition zusammenfügte, versuchte ich, ein poetisches Gefühl zu erzeugen; es sollte kein Stillleben sein und auch kein Mensch. Es sollte ein Wesen sein, das über dem Leben steht. Etwas Tabuisiertes, aber nicht Exotisches, ein Objekt, das als Medium diente, um mit der Ferne der Empfindung und der Sensibilität in Verbindung zu treten und den Raum zu öffnen.»
Nach dem Krieg arbeitet er mit dem bretonischen Schreiner und Bildhauer Joseph Savina zusammen. Dieser setzt Le Corbusiers Entwürfe in eine Reihe von Holzskulpturen um. Zum Teil bemalt der Künstler-Architekt diese in bunten Farben. Die Skulpturen nennt Le Corbusier «akustische» Formen. Es sind keine klassischen Skulpturen, die für sich allein stehen und aus einem bestimmten Blickwinkel betrachtet werden müssen. Vielmehr sind es Formen, die mit dem Raum interagieren. Le Corbusier meinte dazu:
«Es handelt sich um eine Art akustische Skulptur, das heisst, sie projiziert die Wirkung ihrer Formen in die Ferne und empfangt im Gegenzug den Druck ihrer Umgebung.»
Mit der Kirche von Ronchamp überführt Le Corbusier beispielhaft die Idee der «akustischen» Form in die Architektur.