Le Corbusier
120 - Studie für Tapisserie A des Gerichtsgebäudes von Chandigarh, 1954
Bleistift, Tinte, Pastellfarben und Gouache auf Papier, 45.3 x 53.5 cm
Fondation Le Corbusier, Paris
«Ich habe in der Tapisserie eine Möglichkeit gefunden, die es erlaubt, einen Teil meiner Wandforschungen aufzunehmen, oder meine Berufung als Maler findet ihre architektonische Nahrung in voller Kenntnis der Sachlage.»
In der Tapisserie – dem Wandteppich – findet Le Corbusier eine willkommene Verbindung seiner architektonischen und seiner malerischen Arbeit. Tapisserien sind für ihn keine simplen Dekorobjekte. Vielmehr werden sie zu einem wichtigen Teil eines architektonischen Konzepts. Sie haben gewisse Vorteile gegenüber einer Wandbemalung oder Gemälden. Wandteppiche sind transportabel; man kann sie leicht «abnehmen, aufrollen, unter dem Arm tragen und anderswo aufhängen», wie Le Corbusiers es beschreibt. In einer Gesellschaft, die nicht mehr ein Leben lang an demselben Ort lebt, sondern nomadisch den Lebensort wählt und wechselt, ist die Tapisserie das passende Medium. Dementsprechend nennt er sie ab 1952 «Muralnomad» – es ist das Wandbild der Moderne. Die Tapisserie ist gleichzeitig eine Synthese von Malerei, Architektur und Design.
Bereits 1936 entdeckt Le Corbusier das Medium des Wandteppichs. Marie Cuttoli, eine Sammlerin, bittet ihn um einen Entwurf für eine Tapisserie. Erst 12 Jahre später setzt er sich tatsächlich mit dem Medium auseinander. Le Corbusier lernt Pierre Baudoin kennen, einen Künstler und Lehrer in Aubusson – einem Ort mit langer Tradition in textilen Künsten. Le Corbusier wird rund 30 Tapisserien entwerfen und durch Weber:innen aus Aubusson umsetzen lassen.
Gerade in modernistischen Gebäuden aus Beton und Glas können Wandteppiche durch ihre Textur, Materialität, Ausführung und Farbigkeit zu einer besseren Akustik und einer gewissen Wärme führen.
Für den Gerichtshof in Chandigarh entwirft Le Corbusier 1954 neun monumentale Wandteppiche mit einer Fläche von 44 bis 162 Quadratmetern. Diese Studie zeigt einen Entwurf für die abstrakten Tapisserien des Gerichtshofs.