Paul Klee
220 - rostende Schiffe, 1938

Man würde es kaum denken, aber Paul Klee hat dieses grossformatige Gemälde auf der Rückseite mit «Entwurf rostende Schiffe» bezeichnet. Insgesamt zu fünf weiteren Gemälden neben «rostende Schiffe» aus der Zeit von 1938 schreibt Klee in seinem Werkkatalog: «als Entwurf zu werten». Es sind alles Werke, die Klee mit Kleisterfarbe auf Papier oder Zeitungspapier, das wiederum auf Jute geklebt ist, bemalt. Bei «rostende Schiffe» ist stellenweise das Zeitungspapier noch sichtbar. Wahrscheinlich war Klee noch unsicher mit dieser neuen Technik und wusste nicht, wie sie sich über längere Zeit halten würde und bezeichnet deshalb die Werke zur Sicherheit einmal als Entwurf.
Klee stellt hier eine Hafenszene mit einer Handvoll Dampfschiffe dar. Es sind keine filigranen Segelboote, wie er sie zehn Jahre zuvor regelmässig malte und vor allem mit wenigen filigranen Linien zeichnete. Damals waren es die Boote, die er auf seinen Reisen nach Ägypten, Sizilien, Elba, Korsika oder der Insel Porquerolles an der Südfranzösischen Mittelmeerküste sah. In «rostende Schiffe» sind es vielmehr die Schiffe, die er etwa im Hafen von Genua beobachtet und als «Riesenschiffe» bezeichnet. Im Tagebuch hält er bereits 1901 fest:
«Dazu dieser prachtvolle Anblick der verschiedenartigsten Schiffe, vom Riesen bis zum kleinen Benzindampfer, die da kommen und gehen, das ist nicht zu beschreiben.»
Wo er die Segelschiffe mit dem Klang von Musik in den Ohren in rhythmischen Linien und Flächen zeichnete, da sind die rostenden Schiffe massige Volumen. Sie sind mit dicken schwarzen Pinselstrichen umrandet. Details wie Bullaugen und Kamine sind nur in Kürzeln angedeutet. Die Schiffe sind mit Zahlen und Buchstaben gekennzeichnet. Die Zahl «112» könnte auf das Torpedoboot Tiger der Deutschen Wehrmacht mit der Baunummer 112 anspielen, das 1928 vom Stapel lief. Die Fläche des grössten Schiffes überschneidet sich mit den Linien des Hafens. Dort beschreiben einige Strichfiguren und geometrische Liniengebilde das Gewusel eines Hafens, das Klee in seinen Tagebüchern und Briefen mehrfach erwähnte:
«Da geht man zwischen Eisenbahnwagen und bedrohlichen Dampfkränen, Fässern, Kisten, Arbeitern, Zollbeamten in Uniform, Gaffern und andern Leuten auf die stark gemauerten Landungsdämme hinaus, die in zentraler Richtung an dem Riesenhalbkreis des Hafens gelegen sind, da über Taue steigend und vor den tätigen Armen der Kräne sich duckend, dort beständig auf der Flucht vor den Kahnvermietern, die einen durch den ganzen Hafenkomplex fahren wollen, damit man die Stadt sehe und – gegenwärtig – die amerikanischen Kriegsschiffe, die Leuchttürme und das grosse offene Meer.»
Farblich konzentriert er sich auf den Rost des Titels und den Gegensatz zum Blau des Wassers.