Paul Klee
223 - Katastrophe der Sphinx, 1937

Das Motiv der Sphinx griff Klee in seinem Spätwerk viermal auf. Dies steht vermutlich im Zusammenhang mit seiner Reise nach Ägypten Ende 1928, während der Klee in Kairo in der Pension Sphinx übernachtete. Das Werk hat aber keinen direkten Bezug zu einem bestimmten Reiseerlebnis oder einem in dieser Zeit entstandenen Werk. Die verschiedenen Darstellungen stehen auch untereinander in keiner Beziehung, sondern sind in stilistischem Kontext mit zeitgleich geschaffenen Werken zu sehen.
Die «Katastrophe der Sphinx» ist eines der 38 Gemälde, die Klee im Jahre 1937 gemalt hat. Die Darstellung geht auf zwei Vorzeichnungen mit den Titeln «Zeichnung zur Katastrophe der Sphinx» und «(Détail zur Sphinx)» zurück, die von Klee detailgetreu übernommen und nur in den Randzonen mit weiteren Linien ergänzt wurden. Ob Klee bereits zum Zeitpunkt der Entstehung dieser beiden Bleistiftzeichnungen, wohl gegen Ende des Jahres 1935, an eine Ausführung als Ölgemälde dachte, lässt sich nicht eindeutig sagen. In seinem handschriftlichen Œuvre-Katalog wurde der Titel «Détail zur Sphinx» nachträglich eingetragen. Die abstrakte Komposition hatte also vorerst keinen eigenen Titel, sondern war ein Gebilde, das erst noch eine Bestimmung erhalten sollte. In »Zeichnung zur "Katastrophe der Sphinx"« sind die beiden Wörter »Zeichnung zur« über dem Titel eingefügt, was ebenfalls darauf hinweist, dass Klee erst nach der Schaffung des Ölgemäldes den Bezug zu den Zeichnungen hergestellt hat.
Im November 1935 erkrankte Klee an der erst nach seinem Tod als progressive Sklerodermie diagnostizierten Krankheit, die ihn zu einer längeren Schaffenspause zwang. Erst im Februar 1937 konnte er seine Tätigkeit wieder vollumfänglich aufnehmen und die beiden Zeichnungen in ein Gemälde umsetzen. Es darf daher nicht verwundern, dass er stilistisch auf die Endloslinie zurückgriff, die in einigen Werken aus der Zeit um 1934/1935 erscheint. Am unteren linken und rechten Rand setzte er jedoch einzelne, verstreute Zeichen mit symbolhaftem Charakter oder buchstabenähnlichen Formen ein, wie sie vorwiegend in seinem Spätwerk zu finden sind.
Die Farbigkeit des Ölgemäldes ist noch verhalten und der Tonigkeit der früheren Werkphase verpflichtet. Die Sphinx selber hebt sich nur durch hellere Töne aus der rotbraunen Umgebung ab, aufgehellt durch Weiss. Die eher düsteren, erdfarbenen Töne sowie das leicht verzerrte, aber ausdruckslose Gesicht widerspiegeln die Katastrophe des mythologischen Wesens, welches durch Ödipus besiegt und getötet wurde.
Das Gemälde «Katastrophe der Sphinx» ist ein Werk, das den Übergang von seiner Werkphase im Berner Exil zu seinem ausgeprägten Spätstil verbildlicht.