Paul Klee
224 - gehobener Horizont, 1932

Im Bild «gehobener Horizont», verdichtet sich Paul Klees jahrelange intensive Auseinandersetzung mit der Bewegung als dem grundlegenden Element der bildnerischen Gestaltung zum Symbol. Bereits zwölf Jahre zuvor hatte er die Entwicklung des Bildnerischen aus der Bewegung abgeleitet: «Über den ersten toten Punkt hinweggesetzt sei die erste bewegliche Tat (Linie)», schrieb er 1920 in der «Schöpferischen Konfession» und gab damit die Richtung vor, der er in den kommenden elf Jahren als Lehrer und Künstler am Bauhaus folgte. Ausgehend von der «aktiven Linie, die sich frei ergeht», beschäftigte sich Klee mit den Grundlagen und Formen der Bewegung, deren Energie er durch den Pfeil symbolisierte. Zentrales Thema war dabei die Loslösung aus der statischen Gebundenheit durch die Überwindung der Schwerkraft – der Übergang von der gehemmten, irdischen zur freien, kosmischen Bewegung.
Im Bild «gehobener Horizont» hat der Pfeil genau diese Funktion. Von seiner Dynamik werden auch die farbigen Streifen des Horizonts «angehoben» und folgen der Bewegung nach oben. Doch wie jede irdische Bewegung ist auch dieser Aufstieg durch die Schwerkraft zurückgebunden: «Nie ganz dorthin zu gelangen, wo Bewegung ohne Ende! Die Erkenntnis, dass da, wo ein Anfang, nie eine Unendlichkeit.»
Dieser Zwiespalt findet seinen Niederschlag in der Materialität des Bildes. Die eigenwillige Wahl von Malmittel und Bildträger – Kaseinfarbe auf Jute – erweckt den Eindruck einer fast rauen, unbearbeitet wirkenden Oberfläche, welche die Farbwirkung der horizontalen Streifen unterläuft. Diese Diskrepanz führt zu einem Widerspruch zwischen Aussage und Materialität des Bildes.