Anni Albers
104 - Wandbehang We 791, 1926/1964
Baumwolle und Seide (reproduziert durch die Werkstatt Gunta Stölzl), 175.0 x 118.0 cm
Bauhaus-Archiv Berlin

«Weberei ist ein altes Handwerk. Seine Mechanisierung hat es nicht wesentlich verändert; nur hat dies eine Entfremdung vom Material mit sich gebracht.»
Dies schreibt die erst 25-jährige Annelise Fleischmann, die spätere Anni Albers, in einem Sonderheft der Zeitschrift Junge Menschen von 1924. Das Sonderheft ist dem Bauhaus gewidmet und Fleischmann soll darin die noch junge Weberei am Bauhaus vorstellen. Damit publiziert sie wohl die erste moderne Theorie der Weberei. In ihrem Text legt sie nahe, dass das Design eines Textils und seine Herstellung sich entfremdet haben. In der maschinell-industriellen Produktion von Textilien wird ein Design von einer Maschine verarbeitet. Der kreative Kopf ist ebenso weit von der Technik und dem Material entfernt wie die Maschine und die Maschinisten von der Entwicklung des Designs. Albers plädiert dafür, die verschiedenen Arbeitsprozesse wieder eng aneinander zu führen. Das Wissen über Material und Technik sei grundlegend für die Entwicklung eines Textils!
Dieser Wandbehang entsteht 1926 und ist hier in einer Reproduktion aus den 1960er-Jahren zu sehen. In dieser Zeit bittet Albers ihre ehemalige Bauhaus-Kollegin Gunta Stölzl, einige ihrer Entwürfe aus der Bauhauszeit neu zu weben, da die Originale verloren gingen. Zu diesem Wandbehang ist auch der Originalentwurf in Gouache auf Papier ausgestellt – mit Anmerkungen von Albers. Sie konzentriert sich in ihrem Design auf Helldunkel-Kontraste und das Zusammenspiel von horizontal und senkrecht ausgerichteten Strukturen. Schwarze und weisse Flächen wechseln sich mit roten. Geschickt pendelt die Komposition zwischen Wiederholung und Variation. Erst beim genaueren Betrachten enthüllt sich die komplexe Struktur. Scheinbar zufällig ist sie mit grosser Präzision entworfen.