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Anni Albers

116 - Schreinverkleidung (Entwurf für die Kongregation B’nai Israel, Woonsocket, Rhode Island), 1962

Jute, Baumwolle und Lurex, auf Holz und Aluminium, 161.9 x 245.2 cm

The Josef and Anni Albers Foundation, Bethany, CT

Anni Albers, Schreinverkleidung

1961 erhält Anni Albers von der Synagoge in Woonsocket, Rhode Island, den Auftrag, einen Vorhang für den Toraschrein zu schaffen. Bereits vier Jahre zuvor konnte sie einen Schreinvorhang für einen Tempel in Dallas entwerfen und umsetzen. Für die Synagoge in Woonsocket webt Albers von Hand sechs hohe, relativ schmale Stoffbahnen für die Schiebetüren, die in den Schrein aus weissem Marmor eingefügt sind. Alle sechs Stoffbahnen unterscheiden sich, basieren aber auf derselben Grundidee. Dadurch entsteht eine einheitliche Wirkung. Alle Stoffe bestehen aus Kettfäden in schwarzer und weisser Baumwolle sowie Jute. Für die Schussfäden benutzt Albers fast nur breite, goldene Lurex-Fäden. Dabei handelt es sich um ein synthetisches, metallisiertes Garn, das seit 1946 von einem US-amerikanischen Zellophan-Hersteller produziert wird. Polyester oder Viskose wird mit Metall bedampft, meistens mit Aluminium. Es entsteht ein in Silber oder Gold glänzendes Garn, das traditionelle Garne aus mit Metallfolie umwickelter Seide ersetzen kann. Zudem ist das Material leicht, günstig und pflegeleicht. Damit wirken die sechs Stoffbahnen in Woonsocket, als wären sie komplett aus goldfarbenem Material. Zusätzlich webt Albers schmale, flache Fäden aus Lurex und grober Jute hinein. Aus weicher schwarzer und weisser Chenille entstehen die freien, schriftartigen Linien. In einer Stellungnahme zu diesem Werk bemerkt Albers:

«Ein früheres Werk von mir in Gold, Schwarz und Weiss mit einem linearen Design, das vage an geschriebene Ziffern erinnerte, war mein Ausgangspunkt. Um den Stoffbahnen den nötigen Effekt zu verleihen, musste ich diejenigen Elemente stärken, die zu dem Effekt beitrugen: mehr Goldfäden, um die Feierlichkeit zu erhöhen, und eine grössere Betonung der linearen Formen, damit sie auch von Ferne erkennbar waren.»

Es interessiert die Künstlerin besonders, ein Werk für einen Ort der Andacht und Feierlichkeit zu schaffen. Wie sie im Zitat bemerkt, zielen die Materialität und Komposition darauf, eine Stimmung der Einkehr zu verstärken und zu unterstützen. Die eingewobenen Fäden erinnern zudem an einen Text, passend zum Inhalt des Toraschreins, den die Textilien umgeben.