Paul Klee hat versucht, die musikalische Technik der Polyphonie (Mehrstimmigkeit) bildnerisch umzusetzen. Transparente Farbschichten überlagern sich und erzeugen im Zusammenspiel von Farbwerten und Farbkontrasten ein bildnerisches Pendant zur Polyphonie in der Musik. 

Im Unterricht am Bauhaus griff Paul Klee auch das Thema der Polyphonie, der Mehrstimmigkeit, auf. Dabei unterschied er zwischen homophoner und polyphoner Organisation einer Fläche. Die Gliederung einer Fläche ist homophon – einstimmig – wenn sie auf einer Ebene stattfindet. Polyphon – mehrstimmig – ist sie, wenn die Fläche auf mehreren sich überlagernden Ebenen gegliedert wird. 

Zahlreiche Werke von Paul Klee sind linear und rhythmisch gestaltet. In ihrer horizontalen Ausrichtung und vertikalen Strukturierung erinnern sie an musikalische Partituren.

Kompositionen nach Klee
Paul Klees Denken und Schaffen hat zahlreiche Komponist:innen inspiriert. Im Archiv des Zentrum Paul Klee sind über 400 Partituren erfasst, die sich auf einzelne Werke oder auf theoretische Überlegungen von Klee beziehen. Die Notenbilder erinnern teilweise an seine Kunstwerke. 

Im Konzert und in der Oper beobachtet Paul Klee genau, was auf der Bühne passiert. Prägnante Rollen stellt er in anekdotischer Weise in seinen Werken dar und zahlreiche seiner Bilder handeln – meist mit einem ironischen Augenzwinkern – von Musiker:innen seiner Zeit.

In der Musik bildet der Takt eine klare Struktur für Melodie und Rhythmus. Paul Klee verwendet für die Gliederung der Bildfläche Linien, deren Unregelmässigkeit das Werk lebendig machen. In einigen Bildern entsprechen die Linien der virtuellen Spur des Taktstocks beim Dirigieren, und bilden beispielsweise die Umrisse eines Schiffs.

Paul Klee unterrichtete von 1921 bis 1931 am Bauhaus. Während seiner Lehrtätigkeit entstanden zur Unterrichtsvorbereitung ein Heft mit den Beiträgen zur bildnerischen Formlehre sowie rund 3900 lose Manuskriptseiten, die er unter dem Titel Bildnerische Gestaltungslehre zusammenfasste.

Im Kapitel Gliederung behandelte Klee das Thema Rhythmus. Neben Rhythmen in der Natur dienten ihm auch musikalische Rhythmen als Anschauungsbeispiele. Unterschiedliche Rhythmen und Takte werden in schematischen – linearen oder flächigen – Darstellungen umgesetzt.  Zudem zeigen Bleistiftspuren die Bewegungen des Dirigierstabs in der Luft.

Bildnerische Formlehre
In den Beiträgen zur bildnerischen Formlehre erklärte Paul Klee die strukturelle Gliederung einer Fläche. Dazu setzte er zwei Takte aus dem vierten Satz von Johann Sebastian Bachs Sonate für Geige und Cembalo G-Dur BWV 1019c grafisch um.

Für Lily und Paul Klee ist Musik allgegen­wärtig: Sie gehen ins Konzert, musizieren zusammen und hören die neusten Schall­plattenaufnahmen. Abgeriebene Rillen auf den Platten zeigen, welche Stücke sie besonders oft gehört haben. 

Die Notensammlung von Paul und Lily Klee umfasst mehr als 840 Kompositionen. Darunter gibt es Stücke für Violine oder Klavier solo, Konzerte, Sonaten, Streichquartette, Arien, Kantaten und Klavierauszüge von Opern. Fingersätze, Bogenstriche und andere Spuren in den Noten zeigen, welche Stücke sie mit Sicherheit gespielt haben. Das Repertoire reicht von Barock bis ins 20. Jahrhundert, mit Schwerpunkt auf der Musik der Klassik.

Wir spielen Bach, dass es nur so kracht.
Paul Klee an Ida Klee, 3. Januar 1900