Biografie
1887–1906 La Chaux-de-Fonds
Le Corbusier, geboren als Charles-Edouard Jeanneret am 6. Oktober 1887 in La Chaux-de-Fonds, wächst in einer protestantischen Familie in einem von der Uhrenindustrie geprägten gesellschaftlichen Milieu auf. Sein Vater, Georges-Edouard Jeanneret, ist Zifferblatt-Emailleur; seine Mutter, Marie-Charlotte-Amélie Perret, ist Pianistin und Musiklehrerin. 1900 beginnt er eine kunstgewerbliche Ausbildung an der Ecole d’Art in La Chaux-de-Fonds. Sein Lehrer ist der Künstler Charles L’Eplattenier (1874–1946). 1905 bis 1907 baut er nach Vermittlung L’Eplatteniers zusammen mit René Chapallaz (1881–1976) sein erstes Gebäude, die Villa Fallet in La Chaux-de-Fonds.
1907–1911 Studienreisen durch Europa
Zwischen 1907 und 1911 unternimmt Charles-Edouard Jeanneret zahlreiche kulturhistorische Studienreisen im Mittelmeerraum und auf dem Balkan. 1908–1909 hält er sich in Wien auf. Danach zieht er für kurze Zeit nach Paris und arbeitet für Auguste Perret (1874–1954), einen französischen Pionier des Stahlbetonbaus. Während seiner Deutschlandreise 1910 arbeitet er kurzzeitig für Peter Behrens (1968–1940). Seine Eindrücke des Kunstgewerbes Deutschlands publiziert er in einem ersten Buch.
1912–1917 Beginn der Tätigkeit als Architekt
Nach seinen Reisen kehrt er in seine Heimatstadt La Chaux-de-Fonds zurück. Dort unterrichtet er bis 1914 an der von Charles L’Eplattenier gegründeten Nouvelle Section der Ecole d’Art. 1912 macht er sich selbstständig und beginnt, eigene Projekte zu realisieren. In dieser Zeit entwirft er mehrere Villen, darunter die Villa Jeanneret-Perret (1911–1912), die er für seine Eltern baut. 1917 verlässt er La Chaux-de-Fonds definitiv und lässt sich in Paris nieder, unter anderem aus Enttäuschung über die Neutralität der Schweiz während des Ersten Weltkrieges.
1918–1922 Eintritt in die Pariser Avantgarde
1918 lernt Jeanneret den gut vernetzten Pariser Maler Amédée Ozenfant (1886–1966) kennen. Gemeinsam entwickeln die beiden Freunde den Purismus. 1920 verwendet Jeanneret das Pseudonym «Le Corbusier» zum ersten Mal in der Zeitschrift L’Esprit Nouveau, während er als Künstler weiterhin unter dem Namen Jeanneret agiert. 1922 lernt er seine künftige Frau, das Model Yvonne Gallis (1892–1957), kennen. Im selben Jahr gründet Le Corbusier mit seinem Cousin Pierre Jeanneret (1896–1967) ein Architekturbüro. 1924 bezieht dieses die Räumlichkeiten an der Rue de Sèvres 35.
1923–1928 Architektur und Städtebau
1923 veröffentlicht Le Corbusier das einflussreiche Manifest Vers une architecture (Ausblick auf eine Architektur), das seine architektonischen Theorien und Prinzipien darlegt. Er entwirft unter anderem die Gebäude Villa «Le Lac» (1923–1924) am Genfer See für seine Eltern oder die Arbeitersiedlung Frugès (1924–1926) in Südfrankreich. 1925 präsentiert er den radikalen Plan Voisin, der den Abriss zentraler Pariser Stadtviertel vorsieht, um diese mit Hochhausbauten zu ersetzen. 1928 beginnt er mit der Planung der Villa Savoye in Poissy, die später zu einem ikonischen Beispiel der modernistischen Architektur wird.
1929–1938 Zentraler Akteur des Modernismus
Ende der 1920er Jahre ist Le Corbusier ein zentraler Protagonist der modernistischen Architektur. Er entwirft unter anderem das Tsentrosoyus-Gebäude in Moskau (1928–1935), die Cité de Refuge der Heilsarmee in Paris (1929–1933) und das Immeuble Clarté in Genf (1930–1932). Sein Architekturbüro hat grossen Erfolg, sodass erstmals Aufträge abgelehnt werden müssen. 1929 gibt Le Corbusier mit nur 42 Jahren den ersten Band seines Werkkatalogs heraus. 1930 erhält Le Corbusier die französische Staatsbürgerschaft und heiratet Yvonne Gallis. Die Weltwirtschaftskrise nach 1929 bringt verschiedene Bauprojekte zu Fall, weshalb sich Le Corbusier verstärkt auf seine Reisetätigkeit und sein künstlerisches Schaffen konzentriert.1938 hat Le Corbusier eine Ausstellung im Kunsthaus Zürich.
1939–1945 Im Zweiten Weltkrieg
Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs bietet Le Corbusier seine Dienste dem französischen Staat an. Nach der Besetzung eines Grossteils Frankreichs durch Nazideutschland zieht er in die nicht besetzte Zone im Süden und bemüht sich um Kontakte zur kollaborationistischen Vichy-Regierung, erhält aber keine Aufträge. Pierre Jeanneret schliesst sich der Résistance an. Aufgrund fehlender Projekte konzentriert Le Corbusier sich in den frühen 1940er Jahren auf die Kunst und das Schreiben von Büchern. 1942 kehrt er Vichy enttäuscht den Rücken und zieht zurück nach Paris. Fortan konzentriert er sich auf Wiederaufbauprojekte für die Zeit nach dem Ende des Krieges.
1945–1951 Nach dem Krieg
1945 bietet sich ihm die Möglichkeit, die Unité d’habitation in Marseille zu entwerfen, ein wegweisendes Wohngebäude, das seine Ideen zur modernen Architektur und zum kollektiven Wohnen verkörpert. In dieser Zeit arbeitet er auch an Plänen für Wiederaufbauprojekte in den Städten La Rochelle und Saint-Dié. Seine Ausstellungstätigkeit nimmt wieder Fahrt auf und es entstehen erste Skulpturen.
1952–1960 Internationaler Erfolg
Le Corbusier und Pierre Jeanneret nehmen wieder miteinander Kontakt auf. 1951 wird Le Corbusier von der indischen Regierung eingeladen, die neue Hauptstadt des Bundesstaates Punjab, Chandigarh, zu entwerfen. Pierre Jeanneret ist massgeblich an der Umsetzung von Le Corbusiers Vision beteiligt und kümmert sich um die detaillierte Planung und den Bau der Gebäude. Mit seinem Entwurf für die Wallfahrtskirche Notre-Dame-du-Haut in Ronchamp (1950–1955) bricht Le Corbusier mit seinen früheren rationalistischen Prinzipien und orientiert sich stattdessen an organischen Formen. Wenig später vollendet Le Corbusier das Dominikanerkloster Sainte-Marie de la Tourette bei Lyon (1956–1960).
1960–1965 Letzte Jahre
In den letzten Jahren seines Lebens ist Le Corbusier beruflich und psychisch geschwächt. Trotzdem setzt er seine Arbeit an diversen Bauprojekten und Plänen im kleinen Rahmen fort. Er kümmert sich um die Herausgabe von Texten zu seinem Werk und gründet die Fondation Le Corbusier mit dem Auftrag, sein Erbe zu verwalten. Im Sommer 1965 stirbt er in seinem französischen Feriendomizil in Roquebrune-Cap-Martin während eines Badeausflugs im Mittelmeer.