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Rose Wylie

Nebuchadnezzar's Dream, 2023

Öl auf Leinwand, 184.5 x 307 cm

© Rose Wylie; Courtesy the artist and David Zwirner; Photo: Jack Hems

Rose Wylie, Nebuchadnezzar's Dream

Dieses Gemälde ist ein gutes Beispiel dafür, auf welchen Umwegen Rose Wylie manchmal zu ihren Bildmotiven findet. Mit einem Fotografen aus Belgien, der sie für ein Magazin fotografierte und der Daniel heisst, begann sich die Künstlerin über den Ursprung seines Namens zu unterhalten. Daniel ist die Hauptfigur in dem nach ihm benannten Buch im Tanach, der Sammlung heiliger Schriften des Judentums. Darin deutet er einen Traum des babylonischen Königs Nebukadnezar II., in dem ihm ein grosses Standbild erschien, dessen Haupt aus feinem Gold, Brust und Arme aus Silber, Bauch und Lenden aus Bronze, Beine aus Eisen und Füsse aus Ton und teilweise Eisen waren. Als durch einen Steinschlag die Fusszehen getroffen wurden, fiel das Standbild um. Seine Trümmer wurden vom Winde verweht. Der Stein hingegen, der das Bild zermalmte, war zu einem grossen Berg geworden, der die ganze Erde erfüllte. Daniel, dem Gott die Bedeutung enthüllte, deutet dem König seinen Traum.

In ihrem Gemälde vereinfacht Wylie das Standbild auf Gold, Bronze, Eisen und Ton, denn um eine getreue Wiedergabe der Begebenheiten geht es ihr nicht. Vielmehr betont sie die Diskrepanz zwischen der kleinen Figur des schlafenden Königs in der linken unteren Ecke und der grossen Erscheinung aus verschiedenen Materialien.

Wie in anderen Gemälden braucht Wylie die Schrift als ein die Kompositionen vereinendes Element. Natürlich konzentrieren wir uns als Betrachterin oder Betrachter auf die Bedeutung des Geschriebenen, doch geht es der Künstlerin vielmehr um die bildnerische Komposition, zu der die Schrift beiträgt. Die Komposition ist ihr wichtiger als die Bedeutung der Worte. Schreiben sei viel einfacher als beispielsweise einen bestimmten Gesichtsausdruck zu malen, meint die Künstlerin zu ihrem Einsatz von Schrift im Bild.

Ausschnitt aus einem Interview mit Rose Wylie und Fabienne Eggelhöfer (Kuratorin), 2025

Rose Wylie über das Bild Nebuchadnezzar's Dream von 2023.